Feinstäube, Aerosole
Feinstäube wie Pollen, Hausstaubmilben oder Tierallergene können nicht nur Symptome an Auge, Nase und Rachen auslösen, sondern häufig auch der Lunge (Asthma). Oft sind
hier auch Neurodermitis und spezielle Nahrungsmittelallergien (Kreuz-allergien) vorhanden.
Diesen Symptomkomplex nennt man Atopie. Ihr liegen genetische Faktoren zugrunde, weshalb die Betroffenen eine lebenslange Reaktionsbereitschaft haben. Sie kann
nicht durch Behandlungen "gelöscht" werden und Spontanheilungen sind wesentlich seltener als früher angenommen.
Meist treten die Beschwerden über Jahrzehnte immer wieder auf; oft dehnen Symptome und Auslöserspektrum sich mit den Jahren aus.
Typisch ist der wechselhafte Verlauf mit mal schweren, mal leichteren Symptomen; auch die Art der Symptome kann individuell sehr unterschiedlich sein. Die Atopie kann
jederzeit im Leben neu auftreten. Meist beginnt sie bereits im Kindesalter.
Die einzige ursächliche Behandlungsmöglichkeit ist die Spezifische Immuntherapie (Hyposensi-bilisierung). Sie bringt den meisten
Patienten lang anhaltende Verbesserungen hinsichtlich Beschwerden, Medikamentenbedarf und Asthmarisiko.
Nahrungsmittel
Zahlreiche Nahrungsmittel können Allergien auslösen. Man unterscheidet primäre (gefährliche) und sekundäre (meist harmlose) Formen. Die Beschwerden können vielfältig sein und reichen von Brennen im Mund über Atemnot, Schwellungen, Nesselfieber und Magen-Darm-Symptomen bis hin zum Schock (Anaphylaxie) und zu
Todesfällen.
Heute ist es möglich, durch Bluttests die schuldigen Allergene (meist Proteine) in Nahrungsmitteln zu identifizieren und dadurch das Reaktionsrisiko exakt vorherzusagen
(harmlose oder gefährliche Allergie?).
Neben Allergien gibt es auch Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten (Intoleranzen, Aversionen usw.), z.B. auf Milch, Milchzucker (Lactose), Fruchtzucker (Fructose), biogene
Amine etc.
Medikamente
Reaktionen auf Medikamente sind sehr häufig. Medikamenten-allergien ("Das Immunsystem ist schuld") muss man von Neben-wirkungen ("Das Medikament ist schuld")
unterscheiden. Bezogen auf alle unerwünschten Medikamenten-Effekte handelt es sich bei ca. 85% um Nebenwirkungen, bei ca. 15% um Allergien/ Pseudo-allergien.
Mitunter lassen die Symptome gar nicht an das Medikament als Auslöser denken (Leber-, Nieren-entzündungen, bestimmte Hautveränderungen).
Häufiger als echte Allergien sind Unverträglichkeiten (Intoleranzen), z.B. auf Schmerzmittel ("NSAID-Intoleranz"). Frei in Apotheken erhältliche Schmerzmittel lösen öfter gefährliche Reaktionen (wie Atemnot und Schock) aus, als beispielsweise
Antibiotika.
Medikamentenallergien oder -intoleranzen sollen innerhalb von 6 Monaten nach Indexreaktion abgeklärt werden, nicht nur, weil sie gefährlich sein können und
Kreuzreaktionen zu verwandten Medikamenten möglich sind, sondern auch, weil ca. 95% der vermuteten Allergien gar keine sind. Rund 10% der europäischen Bevölkerung tragen deshalb den "Stempel
Penicillinallergie" zu unrecht. Dadurch werden häufig unnötigerweise Breitbandantibiotika verschrieben, was die Bildung resisten-ter Bakterien fördert.
Insektengifte
sind in Europa die häufigste Ursache für Anaphylaxien. Relevant sind Biene/Hummel und Wespe/Hornisse. 4-5% der schweizeri-schen Bevölkerung haben eine
Insektengiftallergie. Sie dauern lebenslang an, was aber nicht bedeutet, dass Allergiker nach jedem Stich eine allergische Reaktion bekommen.
Insektengiftallergien führen schnell (durchschnittlich nach 7 Min.) zu Ganzkörperreaktionen wie Nesselfieber, Schwellungen, Atemnot, Bauchkrämpfen bis hin zum
Schock. Sie sind potenziell lebensbedrohlich und sollen deshalb immer abgeklärt werden.
Nebst einem Notfallset (immer inkl. Adrenalin-Injektor - Tabletten allein schützen nicht) kommt hier bei schwereren Reaktionen oder in Risikokonstellationen auch die
Spezifische Immuntherapie zum Einsatz, welche (im Vergleich zu anderen Allergenen) bei Insektengiftallergien besonders gut wirksam ist.
Eine allergologische Abklärung kann u.U. auch sinnvoll sein, wenn es nach Insektenstich
zu einer schweren Lokalreaktionen gekommen ist. Das Risiko einer späteren allergischen Reaktion nach Insektenstich ist in diesen Fällen gegenüber der Durchschnittsbevölkerung etwa
fünffach erhöht.
Chemikalien
Der Mensch hat 50.000-70.000 Chemikalien erschaffen. Sie können Haut-, Schleimhaut- und Atemwegsbeschwerden auslösen, dies
irritativ, toxisch oder allergisch bedingt.
Allergien auf Chemikalien spielen eine große Rolle bei Berufserkran-kungen (s.u.), aber auch im Alltag (Kosmetika, Naildesign, Coiffeur-
produkte, Körperpflegeprodukte, Schmuck/Metalle etc.). Über 4500 Kontaktallergene sind bekannt.
Die Auslöser sind mittels Epikutantest identifizierbar, so dass die Betroffenen sie gezielt meiden können. Epikutantests werden in adäquater Form nur von wenigen Praxen/Zentren
durchgeführt.
Berufsallergien
Berufserkrankungen sind häufig. Viele von ihnen wären durch eine rechtzeitige Vorsorgeuntersuchung und Beratung vermeidbar. Die korrekte
Beratung erfordert eine entsprechende medizinische Ausbildung; es soll weder übervorsichtig noch verharmlosend beraten werden.
Berufliche Substanzen können sämtliche allergische Symptome auslösen. Oft müssen die Betroffenen berufliche Maßnahmen ergreifen (z.B. optimierter Schutz,
innerbetriebliche Verset-zung), mitunter wird eine Umschulung erforderlich. Deshalb werden in einigen Sparten Vorsorge-abklärungen verlangt (z.B.
Bäcker).
Mittels Abklärung kann der Auslöser identifiziert, das gesundheitliche Risiko bestimmt und so das weitere Procedere
im Interesse der Betroffenen festgelegt werden. Patienten mit Berufserkrankun-gen sind versicherungstechnisch gut abgesichert (Lohnausfall, Abklärungs- und Behandlungs-kosten, Umschulung). Voraussetzung
für die Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen ist eine exakte Diagnose. Weitere Informationen: Suva. Einige Beispiele:
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Bäcker: Asthma, Nasen-, Augenprobleme, Hautausschläge
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Coiffeuse, Kosmetikerin, Naildesignerin: Ekzeme, Asthma
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Koch: Ekzeme, Asthma, Nesselfieber, Schockzustände
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Hoch-/Tiefbau: Ekzeme, Asthma
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Landwirt: Farmerlunge, Asthma, Augen-, Nasenbeschwerden, Hautausschläge
Kreuzreaktionen (Kreuzallergien)
Hierunter versteht man eine allergische Reaktion auf ein Molekül (meist ein Protein), das in verschiedenen Trägern enthalten ist.
Beispiel: Bei der Birkenpollenallergie sind die meisten Menschen auf das Protein Bet v 1 allergisch, welches in diesen Pollen vor-kommt. Da viele andere Bäume mit
der Birke verwandt sind (Hasel,
Erle, Buche, Eiche etc.), enthalten deren Pollen und auch Früchte ebenfalls Bet v 1, so dass die Patienten auch hierauf allergisch reagieren (z.B.
Hasel- und Walnuss, Kern- und Steinobst, Sellerie/Karotte etc.).
Kreuzreaktionen gibt es nicht nur bei Pollen, sondern auch bei Milben (Krustentiere), Nahrungsmitteln, Latex (diverse Nahrungsmittel, Ficus usw.), Insektengiften,
Medikamenten u.a.m.
Da Kreuzallergien durch unsichtbare Allergene und nicht durch den sichtbaren Auslöser verursacht werden, ist die Systematik für den Nichtallergologen kaum
durchschaubar.